Der allerbeste Platz

Von Minh Lê, illustriert von Gus Gordon,
aus dem Amerikanischen übersetzt von Gundula Müller-Wallraf.
Ab 3, 32 Seiten
2020, Knesebeck, München
978-3-95728-365-8
€ 14,00

Papa Elch und das Elchkind sind gemeinsam in der Stadt. In Claires Buchladen kaufen sie Elchkind ein neues Buch, das – logisch! – gleich vorgelesen werden soll. Sogleich machen sie sich auf die Suche nach einem geeigneten Ort, wo sie ungestört miteinander lesen können. Allen Ansprüchen soll er gerecht werden, der allerbeste Platz für die verzauberte Stunde, die gleichsam eines „der größten Geschenke ist, die Menschen einander machen können“. Und Elche auch.

So pathetisch die Worte Meghan Cox Gurdons klingen, so unpathetisch sind jene im Bilderbuch des Pädagogen und Autors Minh Lê. Denn die Leseorte, die Papa Elch und das Elchkind inspizieren und ausprobieren, haben es allesamt in sich. Mal sind sie zu groß oder zu klein, mal zu unbequem oder verrückt und leider nie richtig. Sollte die Freude über das neue Buch, der unbefriedigenden Suche nach dem geeigneten Vorleseplatz – dem allerbesten Platz – zum Opfer fallen? Fast sieht es danach aus, wäre da nicht der eine, der allerbeste Platz, der immer zur Verfügung steht! Der Lesen und Vorlesen mit der wunderbaren Erfahrung von Hingabe – Zeit und Zuwendung – verbindet und eben Teil jenes Geschenkes ist, das Vorleser*innen ihren Zuhörer*innen machen.

Kunst für heute und morgen
Der australische Illustrator Gus Gordon bebildert das scheinbar mit schnellem Strich vor einfarbig weißem Hintergrund. Papa Elch und Elchkind sind fein konturiert, die jeweilige Umgebung gerade nur so zurückhaltend angedeutet, dass das Setting für Erwachsene klar erkennbar ist. Kinder entdecken dabei im Laufe der Zeit und mit Unterstützung der zeigenden und erklärenden Bezugspersonen immer mehr, zuletzt das Spiel mit der Kunst. Denn jede Bildseite enthält ein collagiert eingefügtes Bildelement im Stil historischer Kaltnadelradierungen, sei es ein Teekessel, ein Erpel, eine Fliege, ein Specht oder Papas Hut. Das ist ein feiner Kunstgriff, der die Sehgewohnheiten des Kleinkindes diskret auf weitere künstlerische Darstellungsweisen vorbereitet. Und visuell vermittelt, was Literatur zu leisten vermag, wenn Kinder mit ihr beschenkt und verzaubert werden.

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