Der Räuber Hotzenplotz und die Mondrakete


Von Otfried Preußler, illustriert von Thorsten Saleina.
Ab 5, 64 Seiten
2018, Thienemann, Stuttgart
978-3-522-18510-3
€ 12,00

Tra-ri, tra-ra, der Kasperl ist wieder da!
Nicht im Theater, obwohl die neue alte Kasperl- und Seppel-Geschichte auf einem Theaterstück fußt, sondern zwischen zwei Buchdeckeln! Dort wollen die Beiden nicht bleiben, sondern her-vorgelesen werden, gemeinsam mit dem berühmt-berüchtigten Räuber Hotzenplotz, der in dem gleichnamigen Erzählbändchen „… und die Mondrakete“ einmal mehr von den pfiffigen Freunden überrumpelt wird.

Eine Reminiszenz an die drei Hotzenplotz-Abenteuer aus den 1960-er und 70-er Jahren ist die Erzählung Der Räuber Hotzenplotz und die Mondrakete in Wort und Bild. Susanne Preußler-Bitsch – die jüngste Tochter Otfried Preußlers – verfasste sie in der Erzähltradition ihres Vaters; die farbigen Illustrationen von Thorsten Saleina sind zeitgemäße Interpretationen der bekannten Motive von J.F. Tripp. Natürlich sind Kasperl und Seppel auch im 21. Jahrhundert mit Kaspermütze und Seppelhut zu sehen oder Hotzenplotz mit Räuberhut und Pfefferpistole. Derart behutsam transferierte Thorsten Saleina die Figuren in die Gegenwart, dass Hotzenplotz-Liebhaber*innen sie ebenso ins Herz schließen können, wie Hotzenplotz-Neulinge, für die das Abenteuer den Einstieg in die Hotzenplotz-Welt bedeuten kann. Das ist eine Welt, in der sprachlicher Regionalkolorit selbstverständlich ist – Kasperl und Seppel suchen Schwammerl  –, und den beiden Helden Papprollen und Klebeband genügen, um fantastische Abenteuer zu erleben, bei denen sie keinen geringeren als den Räuber Hotzenplotz zur Strecke bringen. Die Burschen sind nostalgische Superhelden und Hotzenplotz ein Superschurke, über den auch Kinder des 21. Jahrhunderts herzlich lachen können.

Zeitlich ist das Abenteuer zwischen dem ersten und zweiten Hotzenplotz-Band angesiedelt. Wir erinnern uns: Am Ende des ersten Bandes liefern Kasperl und Seppel den Räuber als verzauberten Gimpel ab, der nach seiner Rückverwandlung unverzüglich  im Spritzenhaus eingesperrt wird.
Dort büxt er vierzehn Tage später aus, weil Wachtmeister Dimpfelmoser – nach wie vor mehr an gutem Essen, denn schwerwiegender Ermittlungsarbeit interessiert – zu nachlässig war. Zum Glück gibt es Kasperl und Seppel samt ihres Ideenreichtums, dank dessen sie den Räuber erneut überführen.

Basierend auf der Textvorlage eines Kaspertheaterstückes, erzählt Susanne Preußler-Bitsch die Handlung linear und verzichtet auf eine Erweiterung der Erzählebenen oder einer Aufstockung der handelnden Figuren. Das lässt die Geschichte zum idealen Einstieg für künftige Hotzenplotz-Fans werden, die sie von ihren Eltern oder Großeltern vorgelesen bekommen. Das macht sie außerdem zur geeigneten Vorleselektüre für Vorlesepat*innen, die auf der Suche nach Geschichten sind, die in weniger als einer Stunde vorgelesen werden können. Die reine Vorlesezeit beträgt nämlich nur etwa 45 Minuten.
Abhängig von den Lesesozialisationserfahrungen der Kinder und der Frage, ob einer konstanten Kindergruppe regelmäßig vorgelesen wird oder wechselnden Kindern, lässt sich das Abenteuer in zwei bis vier Einheiten vorlesen, einem für Kinder überschaubaren Zeitraum.
Hätte der Verlag die Geschichte in einer Groteskschrift gesetzt, wäre sie zudem ein ideales Buch für Leseanfänger*innen, dessen Inhalt mit Witz und Verve die Tür zur Welt des Lesens öffnete. So öffnet sie sich all jenen, denen das Buch vorgelesen wird oder deren Leselust dennoch so groß ist, dass sie die Serifen nicht fürchten, sondern Kasperl und Seppel gleichtun und sich beherzt ins (Lese-)Abenteuer stürzen.

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