Von Annett Stütze und Britta Vorbach,
illustriert von Meike Haberstock.
Ab 7, 52 Seiten
2018, Carlsen, Hamburg
978-3-551-06821-7
€ 7,99
Mal jemand anderes sein und etwas Neues ausprobieren, das machen kleine und große Leute gerne, schlüpfen in eine andere Rolle, sind vergnügt oder fühlen sich wider Erwarten unwohl. So geht es auch den Tieren, die beim Buchstaben-Basar im kleinen Städtchen Alphabet Buchstaben tauschen oder verschenken.
Pudelwohl mit ihrem Tausch fühlen sich die Möwe und der Löwe, und auch das Seepferdchen ist mit seiner Verwandlung zum märchenhaften Feepferdchen zufrieden. Zum Fürchten werden Laubfrosch und Zitteraal, die beide den Ratten ein R abnehmen und – logisch – zu Raubfrosch und Ritteraal werden. Ganz und gar unglücklich ist dagegen das kleine Okodil, das beim letzten Basar leichtfertig einen Buchstaben hergab und sich nicht mehr erinnern kann, welcher es war. Kräftig und krass soll er sein, damit es wieder seine alte grüne Farbe bekäme, doch woher nehmen, wenn man nicht einmal weiß, was gesucht wird?
Also läuft das Okodil von Tier zu Tier, fragt, probiert aus und wird erst fündig, als es hinter einer Mülltonne ein Otzelot entdeckt, dem seine Wahl kein Glück brachte …
Das Krokodil und der wunderbare Buchstaben-Basar ist ein Erstlesebuch, das elementare Bereiche der Sprachentwicklung in eine humorvolle Tiergeschichte verpackt; die phonologische Bewusstheit, Einsichten in die Laut-Buchstaben-Zuordnung sowie die Bedeutungsebene eines Wortes. Beim Lesen desselben verspricht der Verlag „tierisch viel Spaß“, der allerdings ein hohes Sprachniveau voraussetzt. Hinkt dagegen die sprachliche Entwicklung zurück und die komplexen Sprachspielerein werden nicht verstanden, geht der Witz flöten. Zumal bei Erstleser*innen die Automatisierungsprozesse der Lesetechnik noch nicht so weit fortgeschritten sind, dass von einem ausreichenden Textverständnis auszugehen ist. Um dem vorzubeugen und den Witz zur Entfaltung kommen zu lassen, wäre es ratsam, den Inhalt und dessen vorausgesetztes Weltwissen vor dem Lesen mündlich zu erarbeiten. Aus diesem Grund empfehle ich das Buch eher für fortgeschrittene Erstleser*innen am Ende der zweiten Klasse, obwohl es das Cover anders verheißt.
Den sprachlichen Bereich der phonologischen Bewusstheit greifen auch die kurzen Reime auf, die als Erläuterung der Überschriften eine Idee davon vermitteln, wovon die einzelnen Kapitel erzählen. Unterstützung erhalten sie dabei von den Bildern von Meike Haberstock sowie der Typographie der Tausch-Buchstaben, die sich grafisch vom sonstigen Schriftbild abheben. Insgesamt ist Das Krokodil und der wunderbare Buchstaben-Basar ein durchdachtes und gelungenes Erstlesebuch des Autorinnen-Duos Annett Stütze und Britta Vorbach, wenngleich ein anspruchvolles.