Sonntag, Montag, Sternentag

Von Anna Woltz, illustriert von Lena Hesse,
aus dem Niederländischen übersetzt von Andrea Kluitmann.
Ab 7, zum Vorlesen früher geeignet, 64 Seiten
2020, Carlsen, Hamburg
978-3-551-55768-1
€ 10,00

Seltsame Nachbarn, nervende Brüder. Schüchternes Kind, aufgewecktes Kind. Umzug, Neuanfang. Alles Themen, die schon unzählige Male erzählt wurden. Dennoch vermag ihnen Anna Woltz eine feine Nuancierung zu geben, die aus Sonntag, Montag, Sternentag ein wunderbar feinsinniges (Vor-)Lesebuch machen. 

Nora und Ben heißen die beiden neuen Nachbarn. Sie sind wie Feuer und Wasser und so verhalten sie sich zunächst auch. Ihr biologisches Geschlecht ist dabei unerheblich, ebenso die Rollenverteilung. Ohne die Bedeutung des Inhalts zu verändern, hätten die Figuren auch zwei Jungs, zwei Mädchen oder zwei Transgender-Kinder sein können. Im Mittelpunkt steht kein vermeintlicher Junge-Mädchen-Konflikt, sondern die Überwindung eigener Denkbeschränkungen, denen sich die beiden Kinder zunächst untergeordnet haben. Nora fühlt sich in ihrer Nesthäkchenrolle mit drei älteren Brüdern nicht wohl und mimt die erfindungsreiche Draufgängerin, Ben ist ein introvertierter und nachdenklicher Junge. Natürlich lässt Anna Woltz (Kükensommer, Für immer Alaska) die Beiden über sich hinauswachsen und sich miteinander befreunden. Auf dem Weg dahin kommt der Humor nicht zu kurz und die Ich-Erzählerin Nora entdeckt dreierlei: 

1. Erfindungen, die nicht gemein sind, bringen die Familiendynamik ins Rollen.
2. Ältere Brüder können richtig nett und hilfsbereit sein.
3. Sehen und gesehen werden ist manchmal eine Frage des Blickwinkels.

Um nicht zu viel zu verraten, das Buch hat nur 64 Seiten, sei nur noch geschrieben: Solidarität und Problemlösestrategien sind die beiden Schlagworte, unter deren Stern Ben und Nora ihre Freundschaft beginnen. Es wäre lesenswert zu erfahren, wie die Beiden ihre Freundschaft auf Dauer gestalten.

Kleiner Wermutstropfen:
Inhalt und Umfang des Buches sind ideal für Kinder, die den typischen Erstlesebüchern entwachsen sind, aber noch keine umfangreichen, komplex erzählten Handlungsstränge selbstlesend erfassen können. Viele dieser Kinder profitierten dennoch von einer fibelähnlichen Schrift, die bei Sonntag, Montag, Sternentag leider Fehlanzeige ist.

 

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