[15.11.2020] Immer wieder werde ich gefragt, ob es mich auf Dauer nicht langweile, Kinderbücher zu lesen? Das Gegenteil ist der Fall! Viele von ihnen empfinde ich als Glücksinfusion, deren „Wirkung“ lange anhält. Ziemlich oft ist das bei kürzeren Büchern der Fall. Es scheint, als hätte ihre Verdichtung eine ähnliche Wirkung wie Lyrik: Mit genügend Präzision, um die Lesenden abzuholen, und gleichzeitig genügend Freiraum, um Platz für eigene Gedanken zu haben. Für meine Gedanken zu haben.
Folgende Bücher gehören für mich dazu:
Die Dunne-Bücher von Rose Lagercrantz, illustriert von Eva Eriksson, aus dem Schwedischen übersetzt von Angelika Kutsch, erschienen im Moritz-Verlag. Sie enthalten alles, was einem Kinderleben zugemutet wird: Freude und Leid, Glück und Unglück. Dass Dunnes Blick aufs Leben dabei ein positiver bleibt, liegt auch daran, dass sie liebevolle Erwachsene um sich hat. Zumindest meistens. Von manchen muss sie sich trennen, aber dafür treten andere in ihr Leben. Diese Sicherheit lassen die Dunne-Figur zu einem Vorbild an Lebenslust und Freude werden. Oder, um es mit Worten Erich Kästners zu sagen:
„Das Leben ist nicht nur rosafarben und nicht nur schwarz, sondern bunt. Es gibt gute Menschen und böse Menschen und die guten sind mitunter böse und die bösen manchmal gut. Wir können lachen und weinen, und zuweilen weinen wir, als könnten wir nie wieder lachen, oder wir lachen so herzlich, als hätten wir nie vorher geweint. Wir haben Glück und haben Unglück, und Glück im Unglück gibt es auch.“ (In: Als ich ein kleiner Junge war. 2018 (NA), Zürich: Atrium. Seite 162)
Das gilt auch für die Dunne-Bücher! Die heißen:
Mein glückliches Leben (Bd.1), Mein Herz hüpft und lacht (Bd.2), Alles soll wie immer sein (Bd. 3), Du, mein Ein und Alles (Bd. 4), Wann sehen wir uns wieder (Bd. 5), Glücklich ist, wer Dunne kriegt (Bd. 6), So glücklich wie noch nie? (Bd.7).
Liebe Schwester – Briefe an meine kleine Nervensäge
Von Alison McGhee/Joe Bluhm
aus dem Englischen übersetzt von Kathrin Köller.
2020, München: Knesebeck
Was vermeintlich als flapsige Ergüsse eines älteren Bruders über seine kleine Schwester daher kommt, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung und der Lektüre zwischen den Zeilen als ein Hineinfinden in die (neue) Rolle des „großen Bruders“. Seine Gedanken vertraut er vielen, vielen Zetteln und einem Tagebuch an, das sich die Lesenden als Graphic Novel zu Gemüte führen können. Sein Wechselbad der Gefühle, die er für seine kleine Schwester empfindet, erinnern an jene von Alf in Freibad – Ein ganzer Sommer unter dem Himmel, das für mich übrigens auch dazu gehört.
Rosalie – Als mein Vater im Krieg war
Von Timothée de Fombelle/Isabelle Arsenault
aus dem Französischen übersetzt von Tobias Scheffel und Sabine Grebing.
2020, Hildesheim: Gerstenberg
Die Geschichte eines kleinen Mädchens auf der Suche nach Wahrhaftigkeit. Das sich nicht mit den heiteren Worten der Mutter zufrieden gibt, sondern wissen will, wie es seinem Vater tatsächlich geht. Ob er lebt? Das lesen lernt, um endlich die Briefe selbst lesen zu können, vor allem den einen …
Und viele, viele andere Kinderbücher auch, von denen ich das eine oder andere auch hier empfohlen habe …