[28.4.2018] Wie viele Schülerinnen und Schüler müssen noch ihre unzureichende Lesekompetenz unter Beweis stellen, bevor sich etwas ändert?
Bevor überlegt wird, woher die Schülerinnen und Schüler mit den guten Ergebnissen ihre diskursiven und literalen Qualifikationen beziehen?
Könnte es daran liegen, dass ihnen von Kindesbeinen an regelmäßig vorgelesen wurde? Sie Menschen an ihrer Seite hatten, die ihnen die Tür zur Welt des literarischen Lernens öffneten und sie begleiteten, auch dann noch, als sie längst zur Schule gingen? Sie Zeit zum Lesenlernen hatten und von der Gewissheit begleitet wurden, dass ihnen das gelingen würde, unabhängig davon, wie lange es dauern würde, ein, zwei oder weitere Jahre?
Die wissenschaftlichen Erkenntnisse liegen vor (Verknüpfung von Prozess- und Sozialebene, um Lesen ins Selbskonzept zu integrieren, die zeitliche Dimension des Leseerwerbs), die lustvollen, handlungs- und produktionsorientierten Methoden ebenfalls.
Was fehlt, ist der Mut zur Umsetzung. Denn der setzt die Einsicht voraus, dass der Mangel nicht nur bei den Kindern und Jugendlichen gesucht werden kann, sondern auch im System liegt. Das zu ändern kostet – Zeit und Geld: Mehr Personal (Lehrkräfte, Lese- und Literaturpädagog*innen, weitere Fachkräfte) sowie veränderte Rahmenbedingungen, die lustvolle Zugänge zum Lesen ermöglichen, nicht nur prozessorientierte, analytisch-vergleichende, bei denen die Freude am Tun verloren geht.
Derzeit werden viele Aufgaben ins Ehrenamt delegiert. Wie sähen die Ergebnisse ohne das regelmäßige Engagement der ehrenamtlichen Vorlesepat*innen und Lesementor*innen aus, die ihre Lust und Leidenschaft fürs Lesen weitergeben, und, jahraus, jahrein, Schülerinnen und Schüler begleiten? Vermutlich noch schlechter …
Dennoch kann ehrenamtliches Engagement nicht die Antwort auf ein strukturelles Problem sein, sondern sollte Sahnehäubchen bleiben.